Babywunsch: Die künstliche Befruchtung

 In-vitro-Befruchtung – Voraussetzungen, Chancen und Risiken

Spoiler

  • Unfruchtbarkeit hat viele Ursachen. Eine künstliche Befruchtung kann den Kinderwunsch trotzdem erfüllen.
  • Bei der künstlichen Befruchtung wird die Reifung mehrerer Eizellen angeregt, die ausserhalb des Körpers befruchtet und anschliessend in die Gebärmutter eingesetzt werden.
  • Die Erfolgschancen liegen bei 40 Prozent. Das Risiko für Mehrlingsschwangerschaften und Komplikationen während der Schwangerschaft ist höher als bei einer natürlichen Befruchtung.

Manchmal muss der Natur ein wenig nachgeholfen werden. Gut, dass dies in Sachen Babywunsch seit über 40 Jahren auch durch die «Befruchtung im Reagenzglas», wie die künstliche Befruchtung umgangssprachlich heisst, möglich ist. Der Fachterminus hierfür ist In-vitro-Fertilisation, kurz: IVF. Hierbei findet die Befruchtung im Labor und nicht im weiblichen Körper statt.

Die künstliche Befruchtung: ein langer Weg

Der gesamte Vorgang dauert mehrere Wochen und umfasst viele einzelne Schritte. Eingangs gehört nahezu immer eine hormonelle Stimulation dazu, später folgen operative Eingriffe. «In der Schweiz werden die Kosten dafür von den Krankenkassen nicht mehr übernommen», erklärt Prof. Dr. Michael von Wolff.

«Am Anfang steht das Gespräch mit einem Facharzt. Da es sich bei der künstlichen Befruchtung um ein sehr emotionales Thema handelt, ist es umso wichtiger, dass ein sehr vertrauensvolles Verhältnis zwischen dem Paar und dem Arzt besteht. Jährlich wählen in der Schweiz rund 5’600 Patientinnen eine künstliche Befruchtung», so Prof. von Wolff.

Unfruchtbarkeit hat viele Ursachen

Zunächst klärt der Arzt, was der Grund für den unerfüllten Kinderwunsch ist bzw. welche Ursachen ausgeschlossen werden können. Dies kann relativ zeitaufwendig sein. Zur Abklärung stehen von Ultraschalluntersuchungen über eine Gebärmutterspiegelung bis zu Hormonuntersuchungen verschiedene diagnostische Mittel zur Verfügung. Eigentlich wurde die IVF in den 70er-Jahren für Erkrankungen des Eileiters entwickelt. Mittlerweile setzt man sie jedoch auch bei anderen Ursachen der Unfruchtbarkeit ein. Bei Frauen sind dies meist hormonelle Störungen, die zu Funktionsproblemen der Eierstöcke oder einer Störung der Eizellentwicklung führen.

Oft verhindern auch ungesunder Stress und starke seelische Belastungen eine Schwangerschaft. Dies nennt sich idiopathische Sterilität. Eine häufige Indikation ist auch die Endometriose, bei der Gebärmutterschleimhaut auch ausserhalb der Gebärmutterhöhle vorkommt.

Fehlgeburten sind ein weiterer Grund, weshalb betroffene Frauen eine IVF in Betracht ziehen. Behandlungsbedarf besteht aus Sicht der Mediziner aber nur bei wiederholten Fehlgeburten. Davon ist erst ab drei habituellen Aborten die Rede. Dies liegt daran, dass Fehlgeburten relativ natürlich sind: Geschätzte 50 Prozent aller Schwangerschaften enden schon vor oder mit der erwarteten Regelblutung – und dies fast immer unbemerkt.

Unfruchtbarkeit bei Frau und Mann

Bei einer sogenannten immunologischen Sterilität reagiert das Immunsystem auf die Eizellen oder auf die Samenzellen so, als seien sie Fremdkörper. Als Folge bekämpft es die Ei- oder Samenzellen mit Antikörpern, also Abwehrstoffen. Ob dies allein eine Befruchtung unmöglich macht, ist allerdings umstritten.

Insgesamt verteilen sich die Ursachen einer ausbleibenden Befruchtung nahezu gleichmässig auf Mann und Frau: In 30 bis 40 Prozent der Fälle liegt die Ursache bei der Frau, genauso oft aber auch beim Mann. In 20 bis 30 Prozent der Fälle bestehen bei beiden Partnern Probleme, bei weiteren 10 bis 15 Prozent sind die Ursachen unklar.

So läuft eine künstliche Befruchtung ab

Bevor die eigentliche Behandlung beginnt, können weitere Untersuchungen und Tests, etwa auf HIV, Hepatitis, Toxoplasmose und Chlamydien, gemacht werden. Danach folgt die hormonelle Stimulation, deren Ziel es ist, dass in der Frau mehr als eine Eizelle heranreifen.

Diese Eizellen werden anschliessend aus dem Eierstock entnommen, meist während einer Kurznarkose. In einem Reagenzglas werden dann die Eizellen mit den Samenzellen des Partners zusammengeführt. Nach einer gelungenen Befruchtung und den ersten Entwicklungsschritten der Eizelle werden die entstehenden Embryonen in die Gebärmutter der Frau eingepflanzt. Läuft alles optimal, reifen sie dort nun völlig normal heran.

Wie hoch sind die Erfolgschancen?

Ob eine künstliche Befruchtung die Hoffnungen der Paare erfüllt, hängt auch vom Alter der Frau ab. Prof. von Wolff weiss: «Die Chancen für eine erfolgreiche künstliche Befruchtung nehmen ab einem Alter von 35 Jahren sehr schnell ab.»

Dennoch sollte man sich nicht überstürzt für eine künstliche Befruchtung entscheiden. In vielen Fällen werden Frauen trotz jahrelanger Probleme überraschend auch ohne IVF schwanger. Bei 75 Prozent der Frauen, die über eine längere Zeit nicht schwanger wurden, klappte es laut einer Studie nach drei Jahren dann doch noch.

Wenn eine künstliche Befruchtung durchgeführt wird, ist dies keine Garantie für die Erfüllung des Kinderwunsches. Ferner kommt es bei einer IVF etwas häufiger zu Komplikationen als bei natürlichen Schwangerschaften. Dies betrifft sowohl Einzelschwangerschaften als auch Mehrlingsschwangerschaften, die mit einer IVF ebenfalls wahrscheinlicher sind als ohne. «Pro Stimulation sind circa 40 Prozent erfolgreich», erklärt Prof. von Wolff.

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