Alexandra Maurer: «Im Lockdown habe ich viel reflektiert»

Die Moderatorin über Lebensträume und das Geheimnis ihrer Leichtigkeit

Alexandra Maurer
Wusstest du eigentlich, welcher Promi sich bei «The Masked Singer Switzerland» unter welchem Kostüm verbirgt?

Nein. Das ist auch gut so. Die Produzenten haben mich gefragt, ob ich es wissen möchte, und mein Bauchgefühl schrie: «Na klar!» Ich bin ein sehr neugieriger Mensch. Aber mein Kopf sagte: «Nee, Alex. Du plapperst gerne und verrätst es.»

Hattest du einen heimlichen Wunsch, wer hinter der Maske auftauchen sollte?

Wenn mal eine Politikerin wie Simonetta Sommaruga auftauchen würde, wäre das schon ganz geil. Oder Paola Felix wäre witzig.

Du wolltest eigentlich Tänzerin werden. Wie sah dein Traum aus und was hat dich dazu inspiriert?

Anna Pelzer. Kennt man die Ballett-Serie «Anna» aus den 80ern noch? Ich hatte alle VHS-Videos. Ich wollte Primaballerina werden wie sie. Mit Tutu und Spitzenschuhen über die Bühne schweben.

Und meine Mutter hat mich inspiriert. Sie kommt aus Jamaika und war Jazz- und Modern-Tänzerin. Auf einer Tournee durch die Schweiz hat sie damals meinen Papa kennengelernt. Mit ihr habe ich als Kind immer getanzt – zu Pop, Reggae, Soul. Meine Eltern haben mich auch früh zu Ballett- und Musical-Aufführungen mitgenommen. Ich habe Ballett getanzt, seit ich vier war.

Mit 16 Jahren kam dann das Aus.

Nach einem Wettbewerb in New York bekam ich Knieprobleme. Und als sei es nichts, sagte der Arzt einfach: «Vorzeitige Arthrose in den Knien. Aus der Tanzkarriere wird nichts.» Ich konnte kaum gehen und musste mit Tanzen aufhören. Das war wirklich eine Scheisszeit. Plötzlich waren da nur noch Schule und Schmerzen.

Wie hast du es geschafft, deinen Traum loszulassen?

Es ging irgendwie Knall auf Fall weiter, so richtig erinnere ich mich gar nicht. Ich spüre aber jetzt, wenn ich darüber rede, einen Knoten im Bauch. Ich habe sicherlich einiges verdrängt. Getanzt habe ich schon irgendwann wieder, aber nicht mehr professionell.

Auf der Bühne bist du trotzdem gelandet.

Stimmt. Dabei muss es gar nicht unbedingt die Bühne sein. Was ich liebe, ist der Kontakt mit Menschen. Entertainment liegt mir und macht mir Spass. Ich nehme mich selbst nicht zu ernst und lache gern. Tatsächlich kann ich mich nicht so gut in Menschenmengen aufhalten. Ich kriege Panik, etwa auf Festivals. Die Bühne grenzt mich von der Masse ab. Da stehe ich allein. Und es macht mir keine Angst, gesehen zu werden. Blicke stören mich nicht. Auch nicht das Getuschel hinter meinem Rücken. Damit habe ich mein Leben lang Erfahrungen gesammelt.

Meinst du damit Anfeindungen gegen dich? Bist du mit Rassismus konfrontiert worden?

Klar. Oft. Von Kindern, die fragten, wieso ich anders aussehe. Wieso meine Haare anders sind. Noch heute werde ich in der Schweiz gefragt, ob ich überhaupt einen Ausweis hätte. Wenn ich mit meiner Tochter unterwegs bin, bekomme ich Blicke von älteren Menschen, die mir mitteilen wollen, dass meine Hautfarbe nicht zu der meiner Tochter passt.

Wie hast du die Black Lives Matter-Bewegung erlebt?

Sie hat ganz viel mit mir gemacht! Ich finde es absurd, dass es einen Begriff wie «Black Lives Matter» überhaupt geben muss. Aber toll, dass jetzt mehr Menschen checken, dass da ein Problem ist. Während des Corona-Lockdowns und der Black Lives Matter-Debatten hatte ich viel Zeit zu reflektieren. Ich habe gemerkt, dass ich vieles einfach hingenommen habe, als ich aufwuchs. Ich habe die Zeit genutzt, um nachzulesen, zu begreifen. Bei mir sind dabei traumatische Knoten geplatzt, ich habe viel geweint und gemerkt, dass ich mich mein Leben lang irgendwie für meine Hautfarbe oder krausen Haare entschuldigt habe. Brauchte zum Beispiel bei einer TV-Produktionen jemand zu lange mit meinen vielen Haaren, habe ich mich entschuldigt – völlig bizarr.

Wieso glaubst du, hast du lange nichts gesagt?

Ich wollte nicht als die nervige Diva rüberkommen, die ständig motzt und «spezielle Wünsche» hat. Wenn mal wieder ein Make-up Artist vor einer Show keine dunklen Hauttöne dabeihatte, habe ich geschwiegen. Heute sage ich was.

Vor der Kamera wirkst du immer extrem fröhlich, leicht und positiv. Was ist dein Geheimnis?

Oh, ich bin nicht immer gut drauf. Muss man ja auch gar nicht. Wache ich auch mal morgens auf und fühle mich Scheisse? Ja! Es geht darum, auch schlechte Gefühle anzunehmen. Man muss gar nichts. Nur atmen. Bewusstes Atmen ist Gold wert! Seit Corona habe ich auch angefangen zu meditieren. Ich bin totale Anfängerin. Meine Gedanken galoppieren, ich kann nie an nichts denken. Aber ich versuche es zumindest. Abends nehme ich mir einen Moment, um zu reflektieren, wofür ich dankbar bin: Meine kleine Tochter, meinen Mann, ich bin gesund, kann arbeiten und meine Arbeit macht mich auch noch happy.

Eine Zeit lang hast du gedacht, du könntest aus gesundheitlichen Gründen nicht Mutter werden. Hattest du schon aufgegeben?

Nein. Ich habe Uterusmyome und habe die Diagnose einfach angenommen. Und gedacht, ich probiere es und wenn es doch klappt, ist es der Superknaller. Gerade als ich so eine Fruchtbarkeits-App runtergeladen hatte, war ich auch schon schwanger. Ein riesiges Glück. Aber mein Mann und ich hatten schon alles durchgespielt: Künstliche Befruchtung, Adoption.

Mit «Mumlab» hast du ein Netzwerk für Mütter gegründet, die sich gegenseitig unterstützen und empowern. Was brauchen Mütter heute?

Andere Frauen. Austausch. Mein Mann ist mein bester Freund, aber er ist keine Frau. Auch Männer sollten sich öfter mit anderen Männern austauschen. Wir leben heute in Kleinfamilien, da fehlt schnell mal was. Wenn Mütter andere Mütter treffen, und sie fragen: «Hast du auch Zusammenbrüche?» und hören: «Ja», dann gibt das Sicherheit und entspannt. Das ist keine Schwäche, es ist menschlich. Und darüber zu reden, ist eine Stärke

Mütter sind keine Egoisten, wenn sie sich um sich selbst kümmern. Ich bin tief überzeugt, dass es Kindern gut geht, wenn es der Mutter gut geht. Wir Frauen kommen mit so vielem klar: Menstruation, Geburt – wir sind das stärkere Geschlecht, müssen nur manchmal daran erinnert werden.

Du kannst die Yogaposition Plank mit deiner Tochter auf dem Rücken halten. Was noch ist deine Superpower?

Ich glaube, ich besitze nach wie vor eine gesunde Portion Naivität. Das habe ich von meiner Mum. Es gibt mir dieses Set von Augen, das mich die Welt als Kind anschauen lässt, bewusst mit offenen Armen. Das Gute sehend.

Wie sieht dein Blick in die Zukunft aus?

Ich habe Ehrfurcht davor, weit voraus zu gucken. Jeden Tag aufzustehen, zu atmen und älter werden zu dürfen, das ist mega. Mein Wunsch ist, dass es einfach so weitergeht und ich innerlich wachsen kann. Letztes Jahr war mein bestes. Und das obwohl es mich anfangs so hart zu Boden geworfen hat. Es fing an ohne Job, dann kam Corona. Dann sind Chancen aufgekommen, die es ohne Corona nie gegeben hätte. Dafür bin ich so dankbar und diese Energie möchte ich gerne weitergeben.

Vielen Dank für das Gespräch!
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